Vergessenes Stück Schlebuscher Schüler spielen Tennessee Williams

Schlebusch · Das kaputte Dach brachte Lehrer Kai Wahle auf die Idee, die Südstaaten der USA aus den 30er Jahren auf die Bühne zu bringen.

 Die Schauspiel-AG des Freiherr- vom-Stein-Gymnasium präsentiert „Vieux Carré“.

Die Schauspiel-AG des Freiherr- vom-Stein-Gymnasium präsentiert „Vieux Carré“.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Ein Teil der Zimmer bekommt kein Tageslicht, die Räume sind marode und es tropft durch das Dach der kleinen Pension im New Orleans der 1930er Jahre zur Zeit der „Great Depression“. Ein Blick zur freigelegten Betondecke in der Aula des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums erinnert daran, dass der Regen nicht nur im Theaterstück auf der Bühne, sondern auch in der Realität einen Weg ins Gebäude fand.

Und riecht es nicht auch noch ein wenig müffelig? Oder liegt es am intensiven Spiel der Schauspiel-AG, dass man sich mit allen Sinnen auf das „Vieux Carré“ einlässt? Es klingt wie ein Witz. Aber tatsächlich hat der Feuchtigkeitsschaden in der Aula Lehrer Kai Wahle an das selten aufgeführte Spätwerk von Tennessee Williams erinnert, das er vor vielen Jahren selbst als Schüler in Leichlingen mit aufgeführt hat. Seine Kollegin Anna M. Reich hat ihn unterstützt bei der künstlerischen Leitung dieser Produktion, die wegen der Sanierung in Rekordzeit auf die Bühne gebracht werden musste.

Harte sechs Wochen liegen hinter der Besetzung mit vorwiegend älteren und theatererfahrenen Schülern der Stufen Q1 und Q2, mehr Zeit blieb nicht für die szenischen Proben. Und vielleicht schienen in der Generalprobe gerade deswegen alle in ihren Rollen aufzugehen. Das erst 1977 veröffentlichte „Vieux Carré“ ist eines der persönlichsten Werke des amerikanischen Autors, der sich darin an seine schriftstellerischen Anfänge und die Typen erinnert, mit denen er damals auf engem Raum zusammenlebte. Sie sollen auch Vorlage für Charaktere in anderen Stücken gewesen sein.

Im Schlebuscher Gymnasium spielt Justus Hör den jungen Williams als sympathischen und mitfühlenden Mann, der das Elternhaus hinter sich gelassen hat und nun auf eigenen Beinen stehen will. Ausgerechnet in der Pension der resoluten Mrs. Wire (Naila Ammann), die ein wachsames Auge auf ihre skurrilen Untermieter hat, aber den Autor und streckenweise Ich-Erzähler unter ihre Fittiche nimmt, als Ersatz für den eigenen Sohn, der sie verlassen hat.

Die angelegten Rollen sind eine Fundgrube für theateraffine Schauspiel-Schüler. Entsprechend farbig und scharf sind die Charaktere ausgeleuchtet. Da wohn jenseits der Wand ein heruntergekommene, schwindsüchtiger Maler (Moritz Meyer) und gegenüber die schwerkranke Modezeichnerin Jane (Madeleine Balthasar), bei der sich der rauschgiftsüchtige Türsteher einer Striptease Bar, Tye (Maximilian Schmeer) eingenistet hat. Zwei verarmte alte Frauen teilen sich das fensterlose Zimmer und suchen ihr Essen im Müll.

Tennessee Williams vermittelt in dem zweistündigen Theaterstück, wie er sich in dieser Gesellschaft selbst verändert und ist derBesetzungsliste sich am Ende die Gelegenheit nutzt, dem hoffnungslosen Elend mit dem jungen Landstreicher Sky (Laurenz Jung) zu entfliehen - in Richtung Westen. Die Aufführungen von „Vieux Carré“ finden am Freitag, 5. April, und Montag, 8. April, jeweils um 19.30 Uhr in der Aula des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums statt. Eintritt: sechs, ermäßigt drei Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort